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Date: 2001-10-07
Raster, Pfusch & Hudel in DE-Land
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In Deutschland siebt man wieder Menschen nach ethnischer und
religiöser Zugehörigkeit.
Das Raster hoch, die Reihen fest geschlossen marschiert alles
was rechts ist, in Richtung Autorität. Rechtsaußen neben den
Sozialdemokraten ist nur noch die NPD.
post/scrypt: Wohl dem, der in DE-land rechtzeitig seinen Glauben
abgelegt, keinen Pilotenschein gemacht hat oder schon über
vierzig ist.
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FAZ 01.10.7
Christiane Schulzki-Haddouti
Bundesinnenminister Otto Schily ist guten Mutes: Die
Rasterfahndung sei "sehr erfolgsträchtig". Erstaunlicher
Optimismus spricht da aus ihm. Denn zur Zeit ist die Methode
noch eher schwächlich. Die Kriterien, die in Hessen in die
Rasterfahndung eingehen, sind das beste Beispiel.
Laut Beschluß des Amtsgerichts Wiesbaden, das die Kriterien
festlegt, wird nach Personen zwischen 18 und 40 Jahren mit
"islamischer Religionszugehörigkeit" gefahndet, bei denen
zusätzlich folgendes erfüllt ist: "Meldeanschrift Hessen", "Student
oder ehemaliger Student in Hessen", "legaler Aufenthaltsstatus
ohne räumliche Beschränkung", "keine kriminalpolizeilichen
Erkenntnisse", "keine eigenen Kinder" und "finanziell autark",
außerdem Herkunft aus einem von 21 ausgewähltenLändern (von
Marokko bis Indonesien). Die Liste zeigt das Prinzip: Die Fahnder
erhalten Zugriff auf Personen-Datenbanken bei öffentlichen und
privaten Stellen.
[...]
Der Beschluß wurde offenbar "in großer Eile und wenig reflektiert
zusammengeschrieben", sagt der Frankfurter Strafrechtsanwalt
Walther Graf, der 1997 mit einer Evaluationsstudie über
"Rasterfahndung und organisierte Kriminalität" promovierte und als
einer der wenigen nicht im Kriminaldienst tätigen Experten auf dem
Gebiet gelten darf. Insbesondere der Kriterienkatalog sei "eine
Katastrophe", befindet Graf. Das Profil sei so unscharf, daß es am
Ende "alle männlichen Studenten islamischen Glaubens" ermittle.
Die Religionszugehörigkeit sei ein Kriterium von zweifelhafter
Leistungsfähigkeit: Behörden erfassen in der Regel nur, ob
katholische oder evangelische Konfession und damit die Pflicht zur
Kirchensteuerleistung besteht.
[...]
Ob eine Person Geld von Bin Ladin erhält, darüber gibt die
Rasterfahndung keinen Aufschluß; das könnte freilich anders
werden, wenn die von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD)
angestrebte Kontenkontrolle durchgesetzt wird. Banken könnten
mithelfen, indem sie Software einsetzen, die Kundenprofile mit
Kontenbewegungen vergleicht und Ungewöhnliches meldet. Die
heutige Rasterfahndung jedenfalls fördert im Prinzip nur Triviales
zutage - und läßt wesentliche Fragen offen: Welche
Querverbindungen gibt es zwischen einzelnen Personen? Über
welche Kommunikationsmittel werden sie gepflegt? Daten aus
Telekommunikationsverbindungen könnten da gründlichere
Auskunft geben. Die für die Ermittlung solcher Strukturen
benutzten Software-Werkzeuge müßten freilich - im Unterschied zu
den simplen Raster-Datenbanken - ein Modell der Verbindungen
darstellen können, etwa als Grafik auf dem Bildschirm.
[...]
Die nun genehmigten Budgets für Anti-Terror-Maßnahmen
erlauben den Landeskriminalämtern erstmals nach vielen Jahren,
moderne Technik anzuschaffen und das nötige Personal
anzuwerben. Wolfgang Dicke, Geschäftsführer der Gewerkschaft
der Polizei, bedauert es, daß "erst Ereignisse wie der 11.
September die verantwortlichen Politiker dazu bewegt haben,
unsere jahrelangen Forderungen zu erfüllen".
[...]
Im Vergleich zu Hessen scheint Berlin das Primitivwerkzeug
Rasterfahndung wenigstens etwas intelligenter einzusetzen. Laut
Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten wird man dort erstens mehr
Daten erheben, zweitens aber im Datenabgleich mit strengeren
Kriterien arbeiten. Berlin verlangt nicht wie Wiesbaden die Daten
von Personen aus 21 islamischen Ländern, sondern nur aus 15.
Zudem will es nach "reger Reisetätigkeit", "häufigen
Visabeantragungen" und "Mehrsprachigkeit" filtern. Allerdings, so
gibt Walther Graf zu bedenken, sei es bei ausländischen
Studenten üblich und daher nicht kriminalistisch interessant, daß
sie außer der Muttersprache noch andere Sprachen beherrschen.
[...]
Auf diese Weise konnten die Berliner Fahnder bereits aus 45000
Studenten 23 Personen herausfiltern, die sie dann verhörten. Der
Strafrechtler Walther Graf bleibt trotzdem skeptisch: "Die Methode
verspricht viel und hält wenig." Für die Terrorismusbekämpfung sei
sie "nicht geeignet".
Auch im Kampf gegen die organisierte Kriminalität erwies sich die
vielgerühmte Methode als nur von begrenztem Nutzen. Als das
bayerische Landeskriminalamt im Januar 1993 mit einer
Rasterfahndung auf Mafia-Jagd ging, verlief die Aktion offenbar im
Sande: Damals ermittelte das Einwohnermeldeamt München alle
männlichen Einwohner italienischer Staatsangehörigkeit, die älter
als 18 Jahre waren und entweder in Agrigent oder in Palma de
Montecherio auf Sizilien geboren wurden. Die Daten glich das LKA
mit den Datenbeständen des polizeilichen Informationssystems
Inpol ab. Übrig blieben 80 Personen, deren Daten der italienischen
Polizei übergeben wurde. Diese überprüfte, ob eine Person einem
Mafia-Clan angehörte. Von einem brauchbaren Ergebnis hörten die
Bayern nie etwas. Im Juli 1993 wurde die Trefferliste vernichtet.
Bundesinnenminister Schily irrt daher, wenn er an schnelle Erfolge
glaubt. Erst eine umfassende Überwachung der
Telekommunikation könnte die "Schläfer" enttarnen - vielleicht.
[...]
Voll Text
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edited by Harkank
published on: 2001-10-07
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