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Date: 2001-03-01

DVDs, Laendercodes und die EU-Kommission


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Kurzfassung: die EU Kommission wurde gefragt, ob die DVD-
Regionskodes nicht "anti-competitive" sind, immerhin sind
DVDs in europa auffaellig teurer als etwa in den USA. die
antwort der kommission erfolgte 11 monate nach der frage.

Nachgeplapper der PR-abteilungen von MPAA und
filmstudios, diverse inhaltliche fehler, und im grossen und
ganzen der frage ausgewichen oder sie gleich ganz ignoriert
und lieber allgemeinplaetze geaeussert.

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Volltext by

Tom <[email protected]>

Vor einem Jahr stellte Glyn Ford der EU Kommission für
Wettbewerb eine einfache Frage: "Is the Commission aware
that DVD players are deliberately designed to prevent free
competition in the pricing of DVD discs by being segregated
into six global regions? [...]"

11 Monate später - am 20. Februar 2001, publiziert die
Kommission die Frage und ihre Antwort im Journal der EU,
OJ C 53E, pp 157-158.

http://www.europa.eu.int/eur-lex/en/dat/2001/ce053/ce05320010220en01580159.pdf

http://www.europa.eu.int/eur-lex/en/dat/2001/ce053/ce05320010220en01570157.pdf

Für eine solch lange Bedenkzeit fällt die Antwort der
Kommission nicht nur enttäuschend aus, sondern auch auf -
nämlich durch sachliche und inhaltliche Fehler, die es einem
Angst und Bange werden lassen bei dem Gedanken daß
diese Leute die Wirtschaftspolitik Europas bestimmen.

Nach einer langen Einleitung mit Hintergründen zur DVD
Technologie allgemein kommt die Kommission zur
eigentlichen Antwort:

"Concerning the question of recording video discs, the DVD
standard includes several forms of copy protection, in
particular a strong encryption of the data stored on the disc
to which the Honourable Member refers."

Erster Fehler: "strong encryption" - nicht nur sind zahlreiche
bekannte Kryptographen da anderer Ansicht, im Verlauf der
beiden DeCSS-Verfahren in den USA haben selbst
Mitarbeiter der Filmwirtschaft unter Eid ausgesagt, daß die
CSS-Verschlüsselung ihnen als /schwache/ Verschlüsselung
bekannt ist.

Aber lassen wir die technischen Feinheiten und lesen weiter:

"These protections may prevent recording from a DVD.
Because of the potential for perfect digital copies offered by
this new technology, this possibility for film owners to protect
their data is crucial for the future of the DVD and film
industry."

Das kommt uns doch irgendwie bekannt vor. Hat sich nicht
Jack Valenti, Big Boss der Motion Picture Association of
America (MPAA) mehrfach mit praktisch den gleichen
Worten an die Presse gewandt? Die Kommission wiederholt
hier ganz deutlich sichtbar, was die Studios souflieren. Aber,
da war noch die Ausgangsfrage von Glyn Ford. In der hieß es
im zweiten Teil:

"Most purchasers of DVD players in the EU object to the
deliberate installation of technologies to make them pay a
premium on the price of DVD discs. Accordingly, they
arrange to have them chipped?at a cost of around E150 to
remove this anti-competitive technology and to allow them to
video-record DVD discs."

Man muß zweimal hinsehen, aber dann springt es doch
deutlich ins Auge. Ausgangsfrage: "...to /video-record/ DVD
discs." - Antwort: "...perfect digital copies...". Die Antwort hat
nichts mit der Frage zu tun, liebe Kommission. Niemand hat
von digitalen Kopien gesprochen, geschweige denn von
perfekten. Aber nur mit dem Mantra der so gefährlichen
digitalen Kopie verhindert man, sich lächerlich zu machen,
wenn man Leuten verbietet, ihre /gekauften/ Filme auf Video
zu überspielen. Thema verfehlt, 6, setzen. Aber vorher könnt
ihr uns noch verraten aus welcher Sammlung von
vorformulierten Antworten ihr das abgeschrieben habt. Denn
der nächste Satz ist gleich wieder direkt aus der PR-
Abteilung der MPAA:

"The copy protection schemes are indeed designed to
prevent illegal and abusive copying, which is said to cause
billion of dollars in lost revenue to the producers of films and
of electronic data."

Ignorieren wir an dieser Stelle den offensichtlichen Unsinn,
daß irgendwie digitale Kopien grundsätzlich "gefährlicher"
sind als analoge, oder daß die beiden Elemente der Frage,
Macrovision und Regionskodierung, überhaupt nichts mit
digitalen Kopien zu tun haben. Wie schon gesagt handelt es
sich dabei ohnehin nur um ein Mantra der Paranoiden.
"Digital...ommm...böse...ommm..."

Nach langer Vorrede, Wiederholung einiger MPAA-
Pressetexte und einigen schlichten sachlichen Fehlern
kommt die Kommission schließlich zu dem Schluß:

"Under these circumstances, the refusal by a manufacturer
to extend the guarantee of its DVD player that has been
deliberately modified by the user to illegally copy DVDs
cannot be seen as an anti-competitive behaviour."

Liebe Kommission. Nicht nur habt ihr hierbei ganz ignoriert
daß die Absicht des Users in der Regel gar nicht das
Kopieren ist, sondern die Abschaffung der Regionskodierung,
die verhindert daß er auf seinem eigenen DVD Player seine
eigenen DVDs abspielen kann. Nein, ihr verkehrt auch 2500
Jahre Rechtsgeschichte in ihr Gegenteil. "...to illegally copy
DVDs..." - nun ist also jedes Kopieren a priori illegal? Wer
sagte da eben "In dubio pro reo"? Oder wie wäre es mit
"abusus non tollit usum"? Jeder Kunde ein Krimineller? Wo
bleiben die rechtsstaatlichen Grundsätze? Denn mit den
Rechten hat es die Filmwirtschaft, und die Kommission frißt
ihr aus der Hand:

"This coding enables producers of motion pictures to protect
their copyrighted intellectual property and the traditional
pattern of releasing their films at different times in different
parts of the world. Film producers and local cinemas would
be prejudiced if, for example, a DVD video released initially in
the United States gained widespread distribution prematurely
in Europe before theatrical distribution has commenced or
been completed."

Nun, das leuchtet ein, auf den ersten Blick. Doch wie bei
vielen Produkten der Marketing-Abteilung ist der erste Blick
oft eine sorgfältig inszenierte Täuschung. John Zulauf deckte
die Täuschung auf:

"If the movie studios don't want to have US DVD's compete
against European theatrical release, then they should delay
the US DVD release. I'm sure the studios would complain --
"we'll miss the Christmas selling season." Well, folks these
are the kinds of decisions **adults** and managers in other
business make all the time."

Direkter an die Kommission gerichtet heißt das, daß wir alle
großes Verständnis für die Sorgen und Nöte der vom
Pleitegeier bedrohten Filmindustrie haben, aber daß sich
daraus kein /Recht/ für diese ableitet, den freien Welthandel
und die Import-/Exportwirtschaft durch Regionskodes
künstlich zu blockieren. Um nochmals John Zulauf zu Wort
kommen zu lassen:

"Earth to the EU commission:

Yes -- the studios have a right to control the release of their
films for theatrical performance. Yes -- the studios have the
right to decided to publish (or not publish) their films at a time
of their own choosing. NO -- they don't have the right to avoid
the economic and business consequences of that result from
the combination of those two choices. No gov't can claim a
"compelling interest" in protect a company from it's own
choices."

Da haben wir dann also den Salat. Auf der einen Seite die
guten und gerechten Film-Mogule aus den USA, auf der
anderen die kriminellen Konsumenten in Europa, denen man
unmöglich erlauben darf, auch aus Amerika, Asien oder
Australien importierte DVDs ansehen zu dürfen. Statt sich
wie Glyn Ford bei der Kommission zu beschweren, sollten
wir dankbar sein, daß unsere amerikanischen Freunde ihre
Filme überhaupt in Europa veröffentlichen. Sechs Monate
später und zum doppelten Preis. Freier Welthandel, so'n
Unfug.






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edited by Harkank
published on: 2001-03-01
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