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Date: 2009-02-14
VDS-Urteil: Freie Passage für weitere Maßnahmen
Der EuGH tat, was jedes* Höchstegericht tut, wenn man Ihm die Wahl zwischen einer Inhaltlichen und einer rein formellen Auseinandersetzung mit dem Fall ermöglicht: sich auf letzteres Beschränken. Damit wirft der EuGH Grundsätze des EU Datenschutzes über Board - bald können weitere Maßnahmen auf gleichem Weg EU-weit eingeführt werden.
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Die Frage an das Gericht lautete: Ist die Vorratsdatenspeicherung (VDS, engl. Data Retention) eine Maßnahme zur Marktharmonisierung (1. Säule der EU: Abstimmung mit einfacher Mehrheit) oder fällt diese in die dritte Säule für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit (Einstimmigkeitsprinzip im Rat).
Die unverständliche Einschätzung des Gerichts: Weil in der Richtlinie nicht der Zugriff durch die Behörden geregelt wird, war die Verabschiedung in der ersten Säule rechtens. Es handle sich in erster Linie um eine Maßnahme um Benachteiligungen durch auf manchen Märkten bereits existierende VDS auszugleichen.
Diese Entscheidung schafft einen gefährlichen Präzedenzfall auf mehreren Fronten.
Die neuartige Trennung von Datensammlung und Datenzweck widerspricht den Grundgedanken der EU-Datenschutzrichtlinie (zb. dass Daten gelöscht werden müssen, wenn Sie Ihren Zweck erfüllt haben). In Zukunft könnten weitere Überwachungsinfrastrukturen & -verpflichtungen geschaffen werden, während die Mitgliedsstaaten dann selber über die Verwendung bestimmen. Kaum ein Innenminister wird widerstehen können, wenn er solche Geschenke aus Brüssel erhalten kann.
Die Entscheidung legitimiert das Vorgehen der VDS-Hardliner in der EU, welche z.t. bereits vor der EU-Richtline entsprechende eigene Regelungen hatten: Überwachungsmaßnahmen einzelner Länder können unter dem Vorwand einer angeblichen Benachteiligung der eigenen Wirtschaft im Sinne einer Harmonisierung europaweit eingeführt werden. Harmonisierung war auch immer schon das geflügelte Wort in den Entwürfen zur Richtlinie, um zu verschleiern dass es sich für die meisten Länder um eine vollkommen neue Rechtsmaterie handelt.
Diese Benachteiligung gilt, wie das EuGH Urteil zeigt, auch bei Dienstleistungen die kaum Grenzüberschreitend angeboten werden können. So ist es zb einem schwedischen ISP kaum mögliche private Internet- oder Telefonanschlüsse in Östereich zu verkaufen, ohne eine lokale Infrastruktur und einer Tochtergesellschaft nach österreichischem Recht. Mit allen 'Benachteiligungen' oder Vorzügen die auch alle anderen österreichischen Marktteilnehmer ausgesetzt sind.
Die nächsten Kandidaten für Manöver nach VDS-Art zeichnen sich bereits ab: Die Britische Reisedatenbank und die Diskussion um eine europaweite Flugdatenbank - oder die bereits in einigen Ländern vorhandene Internetsperrliste für unerwünschte Inhalte.
*) Nur das deutsche Höchstgericht brachte immer wieder die Muse auf, nicht nur ein beanstandetes Gesetze zu kippen, sondern neue Grundrechte aus der Taufe zu heben.
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edited by Mac Gyver
published on: 2009-02-14
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