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Date: 2001-03-03
EU: NSA-Groteske im ECHELON-Ausschuss
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Die Aussagen eines EU-Beamten namens Desmond
Perkins, der für die sichere Kommunikation innerhalb der EU
zuständig ist, vor dem ECHELON Ausschuß mögen so
manchem die Lachthränen in die Augen getrieben haben.
Im Grunde ist es aber eigentlich kein Spaß, wenn ein derart
Verantwortlicher sich als Mischung aus Inkompetenz und an
leichte Vertrottelung grenzender Gemütlichkeit manifestiert.
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Christiane Schulzki-Haddouti 02.03.2001 Angeblich ist das
Verschlüsselungssystem der Kommission NSA-überprüft und
sicher
Die französische Tageszeitung "Libération" ließ gestern die
Bombe platzen: Die Europäische Kommission lässt
regelmäßig von der US-amerikanischen
Geheimdienstbehörde NSA ihre Verschlüsselungssysteme
überprüfen. Der für die Verschlüsselungssysteme der
Kommission zuständige europäische Beamte Desmond
Perkins sagte: "Ich hatte immer sehr gute Kontakte mit der
NSA in Washington. Sie überprüft für mich regelmäßig
unsere (Verschlüsselungs-) Systeme, um zu sehen, ob sie
gut abgesichert sind und ob sie gut gepflegt und korrekt
benutzt werden."
Der 65-jährige britische Beamte ließ sich zu dieser Aussage
vor dem nicht-ständigen Echelon-Untersuchungsausschuss
am 6. Februar hinreißen. Perkins sollte über die
Verschlüsselungssysteme aussagen, die von der
Kommission benutzt werden, um mit ihren über 60
Außenstellen in Genf, Washington, Moskau oder Peking zu
kommunizieren.
Auf Nachfragen versicherte Perkins, dass die NSA-Agenten
es nicht geschafft hätten, innerhalb von zwei Wochen in die
Verschlüsselungssysteme einzubrechen. Darüber sei er
"sehr zufrieden". Die Frage ist nur, so die Libération, ob die
US-amerikanischen Agenten im Erfolgsfall Perkins darüber
auch informiert hätten. Beruhigend fügte er hinzu, dass es
sich bei der von ihm behandelten Information nur um "sehr
kurzfristiges politisches Zeug" handele.
Angesichts dessen, dass die Europäische Union sich auch
mit Sicherheits- und Verteidigungsfragen befasst, scheint
dies für Brüssel durchaus eine sehr ernste Affäre zu sein.
Immerhin kümmert sich die EU schon lange nicht mehr nur
um Agrarfragen, sondern auch um strategische
Verhandlungen innerhalb der Welthandelsorganisation WTO
oder um Kartellfragen, die US-amerikanische Unternehmen
betreffen. (siehe Die Militarisierung Europas)
NSA würde ohnehin alles mitlesen
Die laxe Haltung von Perkins geht auf ein fatales Verhältnis
zur amerikanischen Informationshoheit zurück: "Die
Amerikaner lesen dank ihrer Satelliten alles. Es spielt keine
Rolle, was hier passiert", sagte er vor dem
Untersuchungsausschuss. Auf die Frage, warum die NSA
engagiert worden war, antwortete er, "weil dort Verwandte von
mir arbeiten. Das ist schlicht der Grund."
Offensichtlich ist der Wille der Kommission und des
Europäischen Rates stärker, Informationen vor seinen
eigenen Bürgern zurück zu halten, als vor dem Nato-
Bündnispartner USA. In Sachen Informationsfreiheit legten
Rat und Kommission einen restriktiven Vorschlag nach dem
anderen auf den Verhandlungstisch: Alle greifen tief in die
Bürgerrechte ein. (siehe Zur Lage der Informationsfreiheit in
Europa)
Der Berichterstatter des Untersuchungsausschusses, der
deutsche Sozialdemokrat Gerhard Schmid, nahm dies
immerhin so ernst, dass er den Vorgesetzten von Perkins
darüber informierte: Diese Stellungnahmen seien während
einer öffentlichen Veranstaltung gemacht worden, die
Kommission müsse sich auf "schwere Kritik" gefasst
machen. Die Kommission versuchte die Angelegenheit
herunter zu spielen und antwortete Gerhard Schmid, dass die
Aussagen von Perkins nicht gleichzeitig bedeuteten, dass
die NSA auch in Besitz der Verschlüsselungscodes wäre.
Der Libération liegt eine interne Notiz vom 6. Februar vor, aus
der hervorgeht, dass die Kommission sich im höchsten
Alarmzustand befindet. Notiert wurden folgende Fragen: Falls
die für Verschlüsselung zuständige Person wußte, dass die
Amerikaner die Kommunikation der Kommission abhören
können, warum wurde dann nichts unternommen, um dies
abzustellen? Warum wurde unsere Ausrüstung von der NSA
anstatt von europäischen Behörden überprüft? Und
schließlich: Wie werden die Mitgliedsstaaten reagieren?
Alles nur Missverständnis
In einer kurzen Stellungnahme wies die Kommission gestern
die Vermutung zurück, Washington habe die Sicherheit ihre
Kommunikationssystemes durchbrochen. "Dies war ein
größeres Missverständnis", sagte ein Sprecher der
Kommission der britischen Tagesezitung "The Guardian".
"Das System wurde von der NSA nicht geknackt und die EU-
Kommission öffnete ihre Systeme nicht gegenüber Dritten."
Nach Angaben des Kommissionssprechers habe Siemens,
Herstellerin der Anlage, beim Kauf angegeben, dass die NSA
bereits vergeblich versucht habe sie zu knacken - die Anlage
wurde von der Kommission vor zehn Jahren installiert. Ein
anderer Beamter sagte dem Guardian, "es gibt keine
amerikanische Behörde, die mit der Überprüfung unserer
Systeme beauftragt wurde. Die benutzten Codes werden alle
24 Stunden gewechselt, so dass das System jeden Tag
erneut entschlüsselt werden müßte." Waren die
regelmäßigen Besuche der NSA-Mitarbeiter in der
Verschlüsselungszentrale der Kommission also reine
Freundschaftsdienste?
Bei den zwei Verschlüsselungssystemen der Kommission handelte es sich laut
Guardian um eines namens "Savil" für "Top-Secret"-Kommunikationen, sowie um
eines namens "Kryptofax" für die "Geheim"-Dokumente. Die Beamten sagten zudem,
dass die Kommission von Perkins Verwandtem bei der NSA wusste, bevor sie ihn
1976 einstellte. Perkins entschuldigte sich bei seinem Chef, in dem er
behauptete, seine Aussagen seien verdreht worden.
Gegenüber Telepolis sagte ein Sicherheitsexperte der Bundesregierung, dass
Savil ursprünglich zuerst im Vietnam-Krieg zum Einsatz kam
und seitdem als sicher gilt. Savil werde heute noch in den
Behörden eingesetzt. Angriffspunkte gäbe es dennoch direkt
an den Geräten: Bei der Eingabe des Klartextes, sowie bei
der Ausgabe des Klartextes. Hier können Wanzen den
Klartext übermitteln, es reicht aber auch schon ein lockeres
Kabel, dessen Abstrahlung über 400 bis 500 Meter weit noch
eingefangen und analysiert werden kann. Um so etwas zu
realisieren brauche man jedoch direkten Zugang zum Gerät.
Source
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/7042/1.html
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edited by Harkank
published on: 2001-03-03
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