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Date: 2000-12-26

Cybercrime v.25: Dank an den Europarat


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Zum so genannte Feste hat uns der Europarat, die so
genannte Endfassung eines von Anfang verpfuschten
Abkommens zum so genannten Thema "Cyber-Crime"
übermittelt. Mit noch mehr Gummipagraphen & nationalen
Optionen auf Ausnahms/regel/ungen, so recht geeignet, die
ersten Marginalia von Rechtssicherheit im Netz in Grund &
Boden zu befördern - wir danken den zuständigen Lobbies
und Vertretern der gesetzlich ermächtigten Behörden im
zuständigen Ausschuss des Europarats, für diese
Klarstellung.

Der letzt/genannte Rat hatte in den versunkenen Zeiten des
so genannten Kalten Kriegs einen Ruf als mahnendes Organ
der Menschenrechte inne. In diesem Vertragsentwurf erinnert
sehr wenig daran:

Cyber-Crime v.25
http://conventions.coe.int/treaty/EN/cadreprojets.htm

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[Analyse von Stefan Krempl]
...

Weitgehend im Einklang mit der Vorversion präsentieren sich
die Artikel zwei bis vier, in denen es unter anderem um das
Verbot von Einbrüchen in Computersysteme, von illegalem
Abhören, Daten- und Systemstörungen sowie des
Missbrauchs der dafür verwendbaren "Hackerwerkzeuge"
geht. Zahlreiche Lobbyverbände hatten im Namen von
Netzwerkadministratoren, die mit diesen Tools auch die
Sicherheit ihrer Systeme überprüfen, gegen die weit
gefassten Bestimmungen Beschwerde eingelegt (
Wirtschaftslobby gegen Schnellschüsse bei der Cybercrime-
Bekämpfung).

Diesen Einwänden tragen die Autoren allerdings nur mit einer
Reihe ausgeweiteter Fußnoten gleich zu Beginn der
Aufzählung der "substanziellen" Cyberverbrechen Rechnung:
Darin stellen sie verschwommen fest, dass durch die
Bestimmungen keine "legitimen und üblichen Aktivitäten
beim Design von Netzwerken oder bei ihrer normalen
Betriebsweise" kriminalisiert werden sollen.

Erlaubt bleibt das Abhören von computervermittelter
Kommunikation oder das Hacken natürlich auch für "im
Einklang mit dem Gesetz stehende Behörden", die derartige
Eingriffe im Interesse der öffentlichen Ordnung, der nationalen
Sicherheit oder für die Untersuchung krimineller
Anschuldigungen ausführen. Ob unter diese
Ausnahmegenehmigung auch der Betrieb des weltweiten, von
der National Security Agency mit ihren Geheimdienstpartnern
betriebene Lauschsystems Echelon fällt, das viele Experten
auch als Mittel der Wirtschaftsspionage betrachten, geht
leider aus keiner Fußnote explizit hervor.

Provider müssen zumindest nicht technisch nachrüsten

Dafür gibt es im Kleingedruckten nähere Ausführungen zu
den umfassenden Abhörmaßnahmen, zu denen
Internetprovider verpflichtet werden sollen. Offiziell sind die
potenziellen Unterzeichnerstaaten weiterhin dazu angehalten,
Provider "innerhalb ihrer bestehenden technischen
Möglichkeiten" zum Sammeln und Aufzeichnen der durch
ihre Leitungen fließenden Daten in Echtzeit anzuhalten bzw.
den Strafverfolgern bei diesen Spitzeltätigkeiten unter die
Arme zu greifen.

Neu ist allerdings die Erklärung des Passus' rund um die
technischen Möglichkeiten. Da heißt es dann etwas weniger
anspruchsvoll, "dass dieser Paragraf nicht in einer Art und
Weise ausgelegt werden sollte", die Provider zum Erwerb
oder zur Entwicklung neuer technischer Fähigkeiten für das
Aufzeichnen von Daten zwingen würde. Im Klartext: die
Anschaffung neuer teurer Abhöranlagen und -schnittstellen
können sich die Provider vorerst sparen.

Eine kleine Ergänzung findet der mit der Lupe bewaffnete
Leser auch beim umstrittenen Absatz 4 von Artikel 19, der
als Aufforderung an die Staatengemeinschaft gelesen werden
konnte, von ihren Bürgern Nachschlüssel zu ihren
Kryptoprogrammen einzufordern. Da legen die Verfasser nun
die Betonung auf die "verhältnismäßig erscheinende" Hilfe
beim Verschaffen von Informationen: Daten, die Behörden
eines Landes bisher nicht zugänglich sind, sollen auch in
Zukunft nicht zwangsweise erbracht werden müssen.

Neu ist ansonsten der Artikel 27b, der Bestimmungen für den
Fall trifft, dass zwischen zwei Staaten oder Parteien keine
Rechtshilfeabkommen bestehen. Demnach sollen
sachdienliche Hinweise nur weitergegeben werden, wenn sie
"vertraulich behandelt" werden. Außerdem dürfen die
übermittelten Informationen nicht in Fällen verwendet werden,
die mit der ursprünglichen Anfrage nichts zu tun haben.
Allerdings bleibt es der Partei, die Daten zur Verfügung
stellen soll, letztlich überlassen, ob sie ihre Informationen
auch dann weitergibt, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt
werden können.

Die öffentliche Debatte steht noch ganz am Anfang

Ob der Europarat mit dem Entwurf 25 wirklich bereits seine
Arbeit an der Konvention beenden kann, zu deren
Unterzeichnung im September 2001 sich auch assoziierte
Länder wie die USA, Kanada, Japan oder Südafrika prinzipiell
bereit erklärt haben, ist fraglich. So gehen die Autoren des
Vertragspapiers selbst beispielsweise bei dem erwähnten
Zusatzartikel 27b davon aus, "dass der Text noch verbessert
werden muss".

Doch auch die Einwände zahlreicher Verbände sind bisher
nur mit kosmetischen Mitteln überdeckt worden: Die
Wirtschaft möchte den Schutz vor Hackern generell lieber
selbst in die Hand nehmen und nicht einer weltweiten
Cyberpolizei zuarbeiten. So hatte Rick Lane, der für Internet-
Technologie zuständige Direktor der amerikanischen
Handelskammer, erst Anfang Dezember davor gewarnt, dass
der vorgeschlagene Vertrag "viel zu weit geht und das
bisherige unglaubliche Wachstum im Bereich des
elektronischen Handels unterlaufen könnte."

Die Global Internet Liberty Campaign ( GILC), zu deren
Mitgliedern eine Reihe von Bürgerrechtsorganisationen aus
aller Welt zählen, hatte Mitte des Monats zudem in einem
offenen Brief an den Europarat ihrer Sorge Nachdruck
verliehen, dass die Konvention "die Rechte von Individuen
bedroht und gleichzeitig die Macht der Polizeibehörden
ausdehnt" ( Cyberkriminalitäts-Abkommen verstößt gegen
Menschenrechte).

Falls der Europarat selbst, den die GILC mehrfach
aufgefordert hatte, den Entstehungsprozess des umstrittenen
Dokuments zu öffnen, nicht mehr Hand an den Entwurf legt,
dürfen sich in den nächsten Monaten zunächst die
Nationalparlamente der Europarat-Mitglieder mit dem Papier
auseinandersetzen. Jörg Tauss, Beauftragter der SPD-
Bundestagsfraktion für Neue Medien, erwartet jedenfalls eine
"lebhafte Debatte" im Bundestag. Dem
Bundesjustizministerium habe er seine Bedenken bereits
vorgetragen. Nun wolle er vor der Prüfung des Dokuments
durch das Ministerkomitee eine "Reihe von öffentlichen
Anhörungen" unterstützen.

Dass die Konvention noch lange nicht unterschriftsreif ist,
glaubt auch Andy Müller-Maguhn, Sprecher des Chaos
Computer Clubs: Dem Europarat wirft der Hacker vor, "mit
dem Cybercrime-Abkommen in sehr populistischer Art und
Weise das Sicherheitsproblem dadurch lösen zu wollen,
dass man Angriffswerkzeuge und Computerviren verbietet".
Er sei jedoch zuversichtlich, "dass auch die Industrie nicht
jeden Schwachsinn unterstützen wird."

Alles
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4550/1.html


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edited by Harkank
published on: 2000-12-26
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